Die 10 wichtigsten Fragen für Arbeitgeber zum Corona-Virus
Das die Lungenkrankheit Covid-19 auslösende Corona-Virus ist in Deutschland angekommen. Ernst & Young schickt 1.500 Arbeitnehmer am Düsseldorfer Standort nach Hause. Behörden stellen mögliche Infizierte unter Quarantäne. Betriebe, Schulen und Kindergärten bleiben bereits mancherorts geschlossen. Doch wie wirkt sich das arbeitsrechtlich aus?
1. Welche generellen Pflichten bestehen im Hinblick auf Erkrankte?
Zeigt ein Mitarbeiter allgemein Symptome einer Krankheit, sollte er nach Hause geschickt werden. Arbeitsunfähig erkrankte Mitarbeiter dürfen nicht beschäftigt werden.
2. Muss Lohn bezahlt werden, wenn der Arbeitnehmer wegen einer Infektion mit dem Coronavirus zu Hause bleiben muss?
Liegt tatsächlich eine Erkrankung vor, hat der Arbeitnehmer, wie bei allen Erkrankungen, auch beim Coronavirus Anspruch auf Lohnfortzahlung nach Entgeltfortzahlungsgesetz (EFZG). Der Arbeitgeber ist demnach verpflichtet, den Lohn für bis zu sechs Wochen weiter zu bezahlen. Nach Ablauf der Sechs-Wochenfrist erhält der Arbeitnehmer bei noch immer andauernder Arbeitsunfähigkeit Krankengeld von der Krankenkasse. Das muss aber dort beantragt werden.
3. Darf der Mitarbeiter zu Hause bleiben, wenn er zwar nicht erkrankt, aber besorgt ist, sich anzustecken?
In der Regel wird kein Anspruch auf Lohn bestehen, wenn der Arbeitnehmer „nur“ besorgt ist. Bleibt der Mitarbeiter dann ohne Erlaubnis des Arbeitgebers der Arbeit fern, muss er zunächst abgemahnt werden und kann – wenn er trotz der Abmahnung weiter die Arbeit verweigert – gekündigt werden. Eine andere Bewertung kann sich ergeben, wenn es schon zu Fällen im Betrieb gekommen ist und weitere Umstände hinzukommen, etwa wenn der Arbeitnehmer an einer Vorerkrankung leidet, die zu einem höheren Sterberisiko führt. Dann könnte es durchaus sein, dass der Arbeitnehmer zu Hause bleiben darf, ohne arbeitsrechtliche Sanktionen fürchten zu müssen. In einem solchen Fall kann dann auch Lohnfortzahlung durch den Arbeitgeber in Betracht kommen, wenn die Verhinderung nur „vorübergehend“ ist (§ 616 BGB). All das hängt jedoch stark vom Einzelfall ab.
4. Was passiert, wenn das Kind mit dem Coronavirus infiziert bzw. an Covid-19 erkrankt ist?
Auch hier gelten die allgemeinen Grundsätze. Der Arbeitnehmer hat einen Entgeltfortzahlungsanspruch nach § 616 BGB sowie auf Krankengeld nach § 45 SGB V.
5. Kann ich daheim bleiben, wenn Schule bzw. Kinderbetreuungseinrichtung meines Kindes geschlossen ist?
Der Arbeitnehmer hat ebenfalls Anspruch auf bezahlte Freistellung. Dies gilt nicht, wenn ihm zugemutet werden kann, seine Kinder in fremde Obhut zu geben.
6. Muss im Falle eines Beschäftigungsverbots oder einer Quarantäne Lohnfortzahlung geleistet werden?
So lange der Arbeitnehmer gesund ist, besteht kein Anspruch auf Lohnfortzahlung, wenn sich der Arbeitnehmer in Quarantäne befindet. Allerdings gibt es in den ersten sechs Wochen eine Entschädigung nach § 56 Infektionsschutzgesetz (IfSG) in Höhe des Verdienstausfalls, die zunächst auch der Arbeitgeber bezahlen muss, aber ihm auf Antrag vom örtlich zuständigen Gesundheitsamt erstattet wird. Nach Ablauf der sechs Wochen erhält der Arbeitnehmer eine Entschädigung in Höhe des Krankengeldes unmittelbar auf Antrag vom Gesundheitsamt.
Ähnlich ist der Fall zu beurteilen, wenn das Gesundheitsamt ein Beschäftigungsverbot anordnet, weil der Arbeitnehmer zwar infiziert ist, aber selbst nicht erkrankt. Auch hier erhält er eine Entschädigung, die zunächst der Arbeitgeber leistet, dieser dann aber vom Land erstattet erhält. Die Erstattung ist ebenfalls beim örtlich zuständigen Landratsamt zu beantragen.
7. Wer bezahlt, wenn der Arbeitnehmer in der Quarantäne erkrankt?
Interessant ist die Frage, was passiert, wenn der Arbeitnehmer während der Quarantäne erkrankt. Muss der Arbeitgeber dann Entgeltfortzahlung leisten? § 56 IfSG verhält sich hierzu nur begrenzt. Bereits entstandene Entschädigungsansprüche bleiben jedenfalls bestehen. Daraus ließe sich der Schluss ziehen, dass der Arbeitnehmer keine Entschädigung erhält. Naheliegend wäre dann, dass der Arbeitgeber Lohnfortzahlung leisten müsste. Allerdings gilt im EFZG der Grundsatz der Monokausalität. D.h. Lohnfortzahlung muss nur gezahlt werden, wenn der Arbeitnehmer gerade wegen der Krankheit verhindert ist. Wenn aber das Beschäftigungsverbot oder die Quarantäne im Zeitpunkt des Eintritts der Erkrankung noch angeordnet war, gibt es auch keinen Anspruch auf Entgeltfortzahlung. Damit dürfte es beim Entschädigungsanspruch bleiben und im Falle der Zahlung der Entschädigung durch den Arbeitgeber auch bei dessen Erstattungsanspruch.
8. Hat der Arbeitnehmer ein Recht auf Homeoffice?
Ein allgemeines Recht auf Homeoffice gibt es (jedenfalls noch) nicht. Im Bundesarbeitsministerium wird seit geraumer Zeit zwar schon über entsprechende Pläne gesprochen und auch Gewerkschaften fordern ein Recht auf Homeoffice. Das ist aber noch nicht in die Tat umgesetzt. Deshalb kann der Arbeitnehmer auch nicht verlangen, dass er die Arbeit im Homeoffice erledigen darf. Allerdings dürfte es angesichts der drohenden Epidemie durchaus Sinn machen, ohne Anspruch Zugeständnisse an Arbeitnehmer zu machen. Ein Recht auf Homeoffice besteht aber dann, wenn es im Arbeitsvertrag so vorgesehen ist.
9. Kann der Arbeitgeber Arbeit im Homeoffice anordnen?
Wurde bislang in Juristenkreisen immer nur über das Recht auf Homeoffice diskutiert, stellt sich nun die Frage, ob der Arbeitgeber auch Arbeit im Homeoffice anordnen darf. Tatsächlich lässt sich diese Frage nicht pauschal beantworten und erfordert einen Blick in den Arbeitsvertrag. Grundsätzlich dürfte sich eine solche Anordnung, ohne dass nicht zumindest das Homeoffice arbeitsvertraglich als ein möglicher Arbeitsort vereinbart ist, nicht durchsetzen lassen.
10. Was passiert, wenn ein Betrieb durch behördliche Anordnung geschlossen wird oder die Arbeit wegen Lieferengpässen zurück gefahren werden muss?
Dass der Betrieb aufgrund behördlicher Anordnung geschlossen bleibt, gehört zum sogenannten Betriebsrisiko (§ 615 BGB). Und bei einer Unterbrechung aufgrund des Betriebsrisikos ist der Arbeitgeber verpflichtet, den Lohn weiterzubezahlen. Dies gilt auch dann, wenn der Arbeitgeber den Betrieb ohne behördliche Anordnung schließt.
Allerdings können Arbeitgeber Kurzarbeit anmelden, um vor gravierenden finanziellen Verlusten geschützt zu sein. Die Bundesagentur für Arbeit hat hier schon entsprechende Mitteilungen ausgegeben. Bei Lieferengpässen oder massivem Auftragsrückgang kann ebenfalls Kurzarbeit angemeldet werden. Letzteres beabsichtigt die Lufthansa, die ca. 25 % ihrer Kurz- und Mittelstreckenflüge mangels Auslastung streichen muss. Bei der Anmeldung von Kurzarbeit ist das Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats zu beachten. D.h. dass eine Betriebsvereinbarung zu schließen ist.
Für Rückfragen steht Ihnen Rechtsanwalt Dr. Christian Müller, LL.M. zur Verfügung. Rechtsanwalt Dr. Christian Müller, LL.M. ist Fachanwalt für Arbeitsrecht und Lehrbeauftragter für Bürgerliches Recht und Arbeitsrecht an der Dualen Hochschule in Karlsruhe.
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